Biografie
Biografie
Adaptiert nach der Fassung von Cornelia Cabuk
1933
Florentina Pakosta wird am 1. Oktober in Wien geboren. Ihr Vater ist freier Journalist, ihre Mutter, eine ehemalige Novizin, betreibt eine Confiserie im 20. Wiener Gemeindebezirk.
Abbildungen in Zeitschriften, die die Familie gelegentlich von Verwandten aus den USA erhält, wecken früh ihr Interesse für Kunst; bereits im Vorschulalter besucht sie mit ihrem Vater regelmäßig Museen.
Ihre Kriegserlebnisse im Kindesalter, die Konfrontation mit Soldaten, Fliegeralarm und Bombentreffern, wirken traumatisierend und prägend für ihr späteres künstlerisches Werk.
1952
Nach der Matura unternimmt sie eine Studienreise nach Paris; dort besucht sie den Louvre und den Unterricht an der Académie de Ia Grande Chaumière am Montparnasse.
1952–1956
Ein Stipendium ermöglicht das Studium an der Kunstakademie in Prag, wo sie gegen den Willen der Eltern Malerei und Grafik bei Vladimír Silovský (1891–1974) und Miroslav Holý (1897–1974) studiert.
Pablo Picassos Selbstbildnis aus dem Jahr 1907 in der Prager Nationalgalerie liefert das Initialerlebnis für ihre jahrelange künstlerische Auseinandersetzung mit dem eigenen Spiegelbild.
Pakosta gerät in Konflikt mit dem politischen System in der Tschechoslowakei, weil sie einem Freund zur Flucht verhilft. Sie wird angezeigt und einen Monat in einem Arbeits- und Umerziehungslager festgehalten. Nach ihrer Entlassung wird sie observiert. Diese Ereignisse bewegen sie zur Aufgabe des Kunststudiums in Prag und zur Rückkehr nach Wien.
1956
Pakosta unternimmt eine dreimonatige Reise nach Holland, wo sie im Rijksmuseum in Amsterdam sowie im Museum Boijmans Van Beuningen in Rotterdam eine große, zweiteilige Rembrandt-Ausstellung besucht und sich im Kröller-Müller Museum in Otterlo mit der Van-Gogh-Sammlung auseinandersetzt.
1956–1960
Pakosta studiert an der Akademie der bildenden Künste Wien als einzige Frau ihrer Klasse Malerei bei Josef Dobrowsky (1889–1964).
Es entstehen Skizzenblätter mit Milieustudien aus Wiener Wirtshäusern rund um den Prater.
1959
Pakosta entscheidet sich gegen die Ehe mit ihrem damaligen Freund, einem Künstlerkollegen, und damit für ihre Karriere.
1962
Erste Einzelausstellung in der Galerie des Künstlers Ernst Fuchs in Wien
1963
Pakostas großer Wunsch nach einem Studium in der damaligen europäischen Kunsthauptstadt Paris erfüllt sich durch Zuerkennung eines Stipendiums der französischen Regierung für die dortige École des Beaux-Arts. Sie studiert in der Klasse von Raymond Legeult (1898–1971) und wohnt im Künstlerviertel Montparnasse, wo zu der Zeit viele Franco-Flüchtlinge, aber auch Algerier leben und wo sie die politisch aufgeladene Atmosphäre nach dem Ende der Algerienkrise, in der sich viele Künstler in Frankreich für die politische Linke engagierten, miterlebt.
1964
Zurück in Wien bemüht sich Pakosta um die Aufnahme in das Künstlerhaus, Gesellschaft bildender Künstler Österreichs sowie die Wiener Secession. Beide Künstlervereinigungen nehmen jedoch zu dem Zeitpunkt de facto noch keine Frauen auf.
1965
Pakosta erreicht einen Tiefpunkt durch eine persönliche Krise und leidet unter großer materieller Not. Das tägliche Zeichnen ihres Selbstporträts im Rahmen des Zyklus Mein mehrfaches Sein hilft ihr bei der Bewältigung.
Sie befasst sich weiterhin motivisch mit psychisch Kranken, Obdachlosen und Prostituierten.
1969
Förderungspreis des „Wiener Kunstfonds“.
1971
Pakosta wird Mitglied der Wiener Secession.
1972
lm Radierzyklus Gesichtsbildungen beginnt Pakosta, sich bewusst mit dem Werk Franz Xaver Messerschmidts (1736–1783) auseinanderzusetzen.
Teilnahme an der Ausstellung Wiener Secession – Druckgraphik aus den Jahren 1897–1972 in der Wiener Secession sowie in Warschau und Hamburg.
1974
Einzelausstellung in der Neuen Münchner Galerie, München sowie Erscheinen des Textes „Der Ruf den man hat: Über Franz Xaver Messerschmidt“.
1975
In den folgenden Jahren entstehen großformatige Zeichnungen zum Zyklus Gesichtsbildungen sowie männliche Rollenporträts. Pakosta publiziert eigene Prosastücke und Texte zur bildenden Kunst in Zeitschriften wie protokolle, morgen und in Ausstellungskatalogen.
Sie erhält den Theodor-Körner-Preis.
Als erste Frau wird sie Vorstandsmitglied der Wiener Secession; sie hat diese Funktion bis 1983 inne.
Teilnahme an der Ausstellung La Jeune Gravure Contemporaine im Musée d’Art Moderne de la Ville de Paris sowie an den internationalen Grafik-Biennalen in Ljubljana, Krakau und Frechen.
1977
Anwendung der Schablonentechnik in ihren Papierarbeiten, wodurch sie zunehmend ihre künstlerische Handschrift zurücknimmt; es entstehen satirische Arbeiten mit feministischen Inhalten.
Einzelausstellung im Kulturhaus Graz mit Orignalplastiken von Franz Xaver Messerschmidt, kuratiert von Otto Breicha.
1978
Einzelausstellung in der Galerie MPik in Krakau, Polen.
Pakosta organisiert die Ausstellung Secessionistinnen mit den Künstlerinnen der Wiener Secession. Erstmals in deren Geschichte wird eine Ausstellung dezidiert nur Arbeiten weiblicher Mitglieder gewidmet, die bis dahin gegenüber ihren männlichen Kollegen permanent benachteiligt wurden.
1979
Beschäftigung mit dem Thema „Gestik“ im großformatigen Zeichnungszyklus Meine Hände; daneben rückt das Thema „Menschenmassen“ in den Fokus. Auch in der Malerei reduziert sie mittels Schablonentechnik den Niederschlag ihrer persönlichen Handschrift.
Große Retrospektive im Hauptraum der Wiener Secession.
1981
Einzelausstellung des Zyklus Hände und Zeichnungen für protokolle in der Galerie Alte Schmiede sowie Teilnahme an der Art Basel.
1982
Teilnahme an der Festwochenausstellung der Wiener Secession.
1984
Tod des Vaters.
Pakosta erhält den Preis der Stadt Wien für Grafik.
Große Personale in der Albertina, Wien, auf Einladung des damaligen Direktors Walter Koschatzky.
Teilnahme an der Ausstellung Orwell und die Gegenwart sowie an der Ausstellung der Wiener Festwochen im Museum des 20. Jahrhunderts in Wien (heute: mumok – Museum moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien).
1987
Teilnahme an der Ausstellung Die lädierte Welt. Realismus und Realismen in Österreich im Kunstforum Länderbank, Wien (heute: Bank Austria Kunstforum Wien) und im Musée d’lxelles, Brüssel. Die von Klaus Albrecht Schröder kuratierte Schau präsentiert Pakostas großformatigen Zeichnungen der Gesichtsbildungen sowie männliche Bildnisse im Kontext der realistischen Kunst in Österreich.
1988
Beginn der Serie der Warenlandschaften.
Einzelausstellung in der Österreichischen Galerie Belvedere, Wien.
1989
Aus der formal-konstruktiven Analyse der Kompositionsprinzipien der Warenlandschaften entwickelt Pakosta die bis dato andauernde Serie der Trikoloren Bilder.
1990
Einzelausstellung im Frauenbad Baden bei Wien mit Arbeiten von 1973-1990.
1991
Teilnahme an der Ausstellung Das Jahrzehnt der Malerei. Österreich 1980 bis 1990, Sammlung Schömer, die im Kunstforum Wien sowie im Museum der Bildenden Künste, Budapest, zu sehen ist; weitere Stationen sind die Cankarjev dom Gallery, Kulturni in Kongresni Center, Ljubljana, der Kunstverein Augsburg, die National Gallery of Modern Art, New Delhi, die Sammlung Essl, Klosterneuburg und das Szépművészeti Múzeum, Budapest.
In den folgenden Jahren ist Pakosta mit Einzelausstellungen im Rupertinum, Salzburg, in der Arbeiterkammer Wien, im Historischen Museum der Stadt Wien, im Kupferstichkabinett der Akademie der bildenden Künste Wien sowie erneut in der Albertina und in der Wiener Secession vertreten.
1993
Einzelausstellung im Österreichischen Kulturforum, Rom.
1999
Es erscheint eine umfangreiche Monografie von Manfred Wagner, Florentina Pakosta. Die schöpferische Erkenntnis vom jeweiligen Sein, mit Texten der Künstlerin sowie namhafter Kunsthistoriker, Künstler, Museumsfachleute und Schriftsteller, darunter Otto Breicha, Ernst Fuchs, Peter Gorsen, Michael Guttenbrunner, Ernst Jandl, Elfriede Jelinek, Walter Koschatzky, Monika Knofler, Viktor Matejka, Hilde Schmölzer, Klaus Albrecht Schröder, Jan Tabor und Thomas Trummer.
2003
Pakostas Arbeiten sind in der Ausstellung Mimosen – Rosen – Herbstzeitlosen. Künstlerinnen – Positionen 1945 bis heute in der Kunsthalle Krems zu sehen, die sich ausschließlich weiblichem Kunstschaffen widmet.
2004
Publikation ihres Essaybandes Was man nicht sagen darf im Ritter Verlag, Klagenfurt.
2006
Tod der Mutter.
2008
Teilnahme an der Ausstellung Nach 1970. Österreichische Kunst aus der Albertina in der Albertina, Wien.
2009
Teilnahme an der Ausstellung Die 50er Jahre: Kunst und Kunstverständnis in Wien im MUSA, Wien.
Publikation ihres Essaybandes Die Drehtür im Ritter Verlag.
2010
Teilnahme an den Ausstellungen Ringturm.Kunst – Die Sammlung Vienna lnsurance Group im Leopold Museum, Wien, sowie Ich ist ein Anderer. Die Kunst der Selbstdarstellung im Niederösterreichischen Landesmuseum, St. Pölten.
2011
Retrospektive im Leopold Museum, Wien.
2012
Teilnahme an der Ausstellung Der nackte Mann im LENTOS Kunstmuseum Linz.
2013
„Ein-Bild-Ausstellung“ und Diskussion mit Georg Lechner zu den Charakterköpfen von Franz Xaver Messerschmidt, Unteres Belvedere, Wien.
2014
Teilnahme an den Ausstellungen die andere sicht. sammlerin und künstlerin im Essl Museum, Klosterneuburg, Die 70er Jahre. Expansion der Wiener Kunst im MUSA, Wien, und Frauensachen im Wien Museum, Wien.
Veröffentlichung der Monografie von Peter Gorsen, Passagen der Bildsatire durch den globalen Medienoptimismus. Das Bildniswerk von Florentina Pakosta im Rückblick auf die Physiognomika Franz Xaver Messerschmidts und Arthur Schopenhauers, im Ritter Verlag, Klagenfurt.
2015
Teilnahme an den Ausstellungen Rabenmütter – Zwischen Kraft und Krise: Mütterbilder von 1900 bis heute im LENTOS Kunstmuseum Linz und Die achtziger Jahre in der Sammlung des MUSA. Pluralismus an der Schwelle zum Informationszeitalter im MUSA, Wien.
2018-2019
Umfassende Retrospektive in der Albertina, Wien sowie im Sprengel Museum, Hannover.
Publikation des Essaybandes Vorsicht Mensch im Verlag Bibliothek der Provinz, Gmünd.
2020
Teilnahme an der Eröffnungsausstellung der Albertina modern The Beginning. Kunst in Österreich 1945 bis 1980.
Doppelausstellung Physiognomie der Macht. Harun Farocki & Florentina Pakosta im Museum der Moderne, Salzburg.
2021
Einzelausstellung Trikolore Bilder in der ehemaligen Eisenberger-Fabrik in Gmünd.
2023
Florentina Pakosta erhält den österreichischen Kunstpreis.
Premiere des Films von Christiana Perschon Wenn ich mich zeichne, existiere ich dreifach mit Florentina Pakosta beim Filmfestival Viennale 23.
Veröffentlichung des Buchs Florentina Pakosta. Kriegslust und Gegenstände ohne Funktion.
2025
Die Albertina veröffentlicht den ersten Teil eines digitalen Werkverzeichnisses der Gemälde, Zeichnungen und Druckgrafik Florentina Pakostas.















