Gustav Klimt Zeichnungen
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Studien
Studien 1902–1904 (Band I)
Alice Strobl
Den Abschluss bilden eine Reihe von Zeichnungen, die nicht unmittelbar mit den bereits behandelten Werken in Zusammenhang stehen, aber dennoch stilistische Verbindungen zu diesen aufweisen.
Abgesehen von einer Marie Moll im Alter von drei Jahren wiedergebenden Porträtzeichnung, die 1902 entstand und bildmäßigen Charakter besitzt (Kat. Nr. 1152), ist vor allem auf acht Studien einer unbekannten Dame (Kat. Nr. 1153–60) aufmerksam zu machen.
Das fließend herabfallende Kleid mit großem Dekolleté und offenen langen Ärmeln, in dem die Taille nur ganz zart angedeutet ist (Kat. Nr. 1158), lässt an eine weniger reiche Variante des für die Ausführung verwendeten Gewandes von Adele Bloch-Bauer denken (Kat. Nr. 1121). Die in den Skizzen benützten Stellungsmotive sind wiederum vorangegangenen Bildnisentwürfen sehr nahe, etwa jenen für das Porträt Serena Lederer von 1899 (Kat. Nr. 449, 445), wenn man die Studien (Kat. Nr. 1155–57) zum Vergleich heranzieht.
Das Blatt mit dem abgewinkelten, in die Hüfte gestütztem Arm, in dem Vorder- und Profilansicht miteinander verbunden sind (Kat. Nr. 1158), erinnert an das Bildnis R.R. von 1901 (Kat. Nr. 511). Dagegen nimmt die Skizze Kat. Nr. 1159, in der die Sitzfigur einer Ovalform eingeschrieben zu sein scheint, einen entsprechenden Entwurf für das Bildnis Adele Bloch-Bauer (Kat. Nr. 1096) vorweg. Die Nähe zu den früheren Bildnissen lässt mit Sicherheit annehmen, dass die Studien für diese Unbekannte vor jene für das Bildnis Adele Bloch-Bauer in die Jahre 1901–02 zu reihen sind.
Für zwei ausgeführte Porträts ließen sich keine Studien nachweisen, für das 1902 datierte Bildnis Gertha Felsövanyi, die in erster Ehe Eissler-Terramare hieß, und für das Bildnis Emilie Flöge, der Klimt am innigsten verbundenen Freundin[1] aus demselben Jahr. Dieses von Klimts Zeitgenossen als bedeutendes Werk gewürdigte Porträt entsprach weder Emilie Flöge noch dem Künstler, weil es nach seiner Meinung dem Zauber dieser Frau nicht gerecht wurde. Es liegt daher nahe, dass Klimt an diesem Werk bis zu seinem Verkauf 1908 an das Historische Museum der Stadt Wien und auch nachher, Änderungen durchgeführt hat. Eine Bemerkung von Franz Servaes im Merkur[2], in dem er über das in der Dresdener Ausstellung 1912 gezeigte Bild spricht, wies in diese Richtung: »Da ist jene schöne junge Wienerin im pfauenblauen, mit Silberplättchen belegten Kleide (unfertig schon früher ausgestellt, jetzt endlich fertig geworden): wie liebebewegt blickt ihr Antlitz aus dem Bild heraus, ganz Weibesseele in all der ornamentalen Pracht...«. Es ist daher nicht auszuschließen, dass es sich bei den genannten acht Studien um nicht ausgeführte Entwürfe für das Bildnis Emilie Flöge handeln könnte. Der Vergleich von Emilie Flöge darstellenden Photos aus dem Jahr 1905[3] mit den Skizzen (Kat. Nr. 1156–58) rückt diese Annahme in den Bereich des Möglichen. Der Gesichtsschnitt ist, wie ein späteres Photo mit Hut und Muff zeigt[4], der Darstellung Kat. Nr. 1159 ähnlich. Um Genaueres sagen zu können, müssten weitere Studien gefunden werden.
Zu den 1902–04 entstandenen Einzelskizzen für Bildnisse zählt das Blatt Kat. Nr. 1162, das ein in allen bisher behandelten Studienreihen vorkommendes Motiv, die zu Porträtierende an einen Fauteuil stehend angelehnt, wiedergibt, sowie die Skizze Kat. Nr. 1161, die eine Dame beim Zuknöpfen ihres an den Ärmeln und am Kragen mit einem Flechtmuster geschmückten Mantels zeigt, das auf die 1903 gegründete Wiener Werkstätte hinweist. Um die Wiedergabe einer momentanen Geste handelt es sich auch in der Studie Kat. Nr. 1163, in der eine im Profil nach links stehende Frau mit einer Kopfbedeckung im Stil eines Girardihutes (Canotier)[5] bekleidet, ihren Rock leicht in die Höhe rafft. Der rüschenbesetzte Umhang und die Ungezwungenheit in der Haltung rücken das Blatt in die Zeit der Studien für das Bildnis Hermine Gallia und Adele Bloch-Bauer.
Eine Verbindung zu einer Studie für das letztgenannte Bildnis (Kat. Nr. 1080) ist sowohl was den Umriss als die im rechten Winkel gebeugte linke Hand betrifft, in der violetten Kreidezeichnung (Kat. Nr. 1170) gegeben.
Von Bedeutung ist auch die Skizze (Kat. Nr. 1172), weil sich nur ganz wenige gezeichnete Landschaftsdarstellungen erhalten haben, zu denen diese wie auch eine auf dem Blatt (Kat. Nr. 279) in der linken unteren Ecke befindliche gehört. In Skizzenbüchern soll es derartige Notizen von Landschaftsmotiven mehrere gegeben haben. Wie aus Briefen Klimts an Marie Zimmermann hervorgeht, scheint der Künstler in der Attersee-Gegend unmittelbar vor der Natur gemalt zu haben. Er schrieb darin, dass er bei Schönwetter in den nahen Wald ging, um einen kleinen Buchenwald bei Sonne mit einigen Nadelbäumen untermischt, zu malen, während er bei trüben Wetter vom Fenster seines Zimmers aus malte.[6] Die kleine Landschaftsskizze, ein blühender Baum in einem Wald, dürfte um 1902 entstanden sein.
[1] Siehe Nebehay 1969, Klimt und Emilie Flöge, S. 265–75
[2] Klimt. Von Franz Servaes. Zu seinem 50. Geburtstag, 14. Juli 1912, Wien 3. Jg., III. Quartal, S. 544
[3] Nebehay 1969, Abb. 271
[4] Nebehay 1969, Abb. 373
[5] Frau Prof. L. Hampel sei hier nochmals für freundliche Hinweise gedankt
[6] Nebehay 1978, S. 109/10